Social Media Guidelines für die Mitarbeitenden – Bevormundung oder notwendige Regeln?

Die Diskussion um einen „möglichen“ Social Media Kodex von Tamedia hat mich dazu animiert, hier eine Lanze für die Regelung von Social Media innerhalb von Unternehmen zu brechen.

Warum?

Die Mitarbeitenden nehmen bei der Nutzung von Social Media eine zentrale Rolle ein. Dies, weil sie Botschafter und Multiplikatoren einer Firma sind. Viele bewegen sich auf den verschiedensten Social-Media-Plattformen. Dies kann aus beruflichen Gründen sein, aber wohl noch eher aus privaten Motiven.

Als Botschafter eines Unternehmens sind deren Meinungen im persönlichen wie im geschäftlichen Umfeld geschätzt und erwünscht ist – ob im direkten Kontakt wie bisher, oder über interaktive elektronische Medien. Genau darum sollen heute Unternehmen die Nutzung von Social Media fördern und die Mitarbeitenden anhalten, Informationen und Themen aus dem Unternehmen weiterzutragen und damit die Relevanz und Differenzierung des Unternehmens zu Mitbewerbern erhöhen.

Das Leben besteht aus Regeln, auch in Social Media

Ich bin der Meinung es führt grundsätzlich kein Weg daran vorbei, die Mitarbeitenden für Social Media zu sensibilisieren und sie daran heranzuführen. Ob man dies dann Social Media Kodex, Nutzungsrichtlinien oder wie auch immer nennt, spielt dabei keine Rolle. Unterschieden sollte jedoch werden, ob ein Unternehmen eine Weisung erlässt oder ob schlicht Empfehlungen abgibt. Dies kann dann je nach Fall verschiedene Auswirkungen auf mögliche Sanktionen haben, wobei natürlich die Weisung die strengste Form darstellt.  Aus Sicht eines Unternehmens ist es jedoch verständlich, dass man den Umgang mit Informationen in diesen Medien zu regeln versucht. Dies kann von Fall zu Fall als „Bevormundung“ ausgelegt werden, doch sollte man dabei nicht vergessen, dass solche Regeln auch den Mitarbeitenden vor Ungemach schützen können.

Die Diskussionen auf den Social-Media-Plattformen werden hierarchiefrei und in Echtzeit geführt und das Web vergisst kaum etwas („einmal online – immer online“). Es ist dieser Fakt, der von allen Beteiligten spezielle Aufmerksamkeit verlangt. Daneben geht es auch darum, die berufliche Nutzung von der privaten Nutzung zu trennen.

Die Mitarbeitenden sollen sich bewusst sein, welche Rolle sie in Social Media einnehmen und in welcher Funktion sie wahrgenommen werden. Auch wenn sie sich als Privatpersonen in Social Media bewegen, besteht jederzeit die Möglichkeit, dass sie von anderen Teilnehmern als Vertreter der Unternehmung wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich Mitarbeitende aufgrund ihrer Markt- und Branchenkenntnisse über Produkte, Mitbewerber, Strategien und vieles mehr äussern. Diese Umstände rufen in einer Organisation daher nach Regeln. Diese sollen aber praktikabel sein und nicht in einer zu grossen Kontrollmanie und Sanktionierungswelle ausarten.

Daher sollten Guidelines

  • kurz und verständlich
  • von allen Beteiligten verstanden und als verbindlich erachtet
    sowie
  • geschult
    werden.

Gute Beispiele von praktikablen Guidelines findet Ihr hier:
http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM-SocialMediaGuidelines.pdf
www.roche.com/social_media_guidelines.pdf
http://www.ibm.com/blogs/zz/en/guidelines.html

Der Nutzen von Social Media Richtlinien zusammengefasst:

  • Präventive Minimierung von Risiken
  • Verhinderung der Schädigung des guten Rufs des Arbeitgebers (Persönlichkeitsverletzungen)
  • Ausschluss von Haftungsrisiken
  • Verhinderung der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
  • Verhinderung von Verschwendung der Arbeitszeit

Für den Mitarbeiter wird eine Richtlinie hoffentlich keinen grossen Einschnitt in seine Freiheiten bedeuten, denn diese sind ja meist nicht neu und gelten auch im „realen“ Geschäftsalltag. Was neu ist, ist dass die benutzten Plattformen einfach ein grösseres Publikum aufweisen, als dies früher der Fall war. Und da wäre ich dann wieder beim Stammtisch aus meinem früheren Blogpost.

Und jetzt liegt das Wort bei Euch. Regeln oder nicht, das ist hier die Frage.
Merci für die Kommentare und Einschätzungen.

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14 Antworten zu Social Media Guidelines für die Mitarbeitenden – Bevormundung oder notwendige Regeln?

  1. swissroman sagt:

    Danke übrigens der http://www.somexcloud.com, welche mich erst zu den Einsichten gebracht hat!

  2. Sam Steiner sagt:

    Kleiner Zusatzgedanke: könnten solche Richtlinien als Nutzen (neben der Verhinderung von Ungutem) nicht auch motivieren, dass Mitarbeiter innerhalb von sinnvollen Grenzen zu Kommunikatoren der Firma werden? Klar, eine klassische Kommunikationsabteilung müsste dafür einige Dinge umdenken – darum kommen sie aber nicht herum.

    Man könnte so eine viel bessere Ausstrahlung als attraktiven Arbeitgeber erreichen beispielsweise, wenn Mitarbeiter sichtbar werden (und man auch wirklich eine attraktive Firma ist). Zu solchen Strategien würde dann gehören – unter vielem anderen – dass man Mitarbeiter dazu auffordert, ehrliches Feedback zum Arbeitgeber auf http://kununu.com zu hinterlassen (wie das meines Wissens Namics tut).

    • swissroman sagt:

      Korrekt, Motivation ist wirklich ein grosser Faktor im Umgang mit Social Media. Wir wollen ja Botschafter für die Firma haben, das werden die Mitarbeitenden nur, wenn’s auch motivierend ist da zu arbeiten. Wohl das grössere Problem, dies zu erreichen, als einfach „alles“ zu verbieten.

  3. Hi Roman

    Drei wichtige Kriterien hast du meiner Meinung nach nicht erwähnt. Richtlinien sollen motivieren, Sicherheit bieten und helfen.

    Gruss Chris

    • swissroman sagt:

      Danke Chris für den Input. Es ist in meinem Text sehr viel von Regeln die Rede. Aber Regeln haben, heisst nicht, den Spass verderben. Ich bin mit dir einig, dass es für guten Inhalt und Dialog, denn darum geht es ja hoffentlich den Firmen, vor allem motivierte Mitarbeiter gibt, die Geschichten erzählen, interagieren und damit Freude ausstrahlen. Dies sollen sie in einem Umfeld machen, in dem sie genau wissen, was sie dürfen und was nicht, somit kann das motivieren, Sicherheit bieten und damit Helfen.

      • Da hast du zwar recht, du musst aber bedenken, dass der Begriff Regeln immer einen negativen Aspekt beinhaltet. Ich habe in Zusammenarbeit mit unseren Kunden festgestellt, dass dies immer wieder ein Problem ist, weshalb ich die Umschreibung motivieren, Sicherheit bieten und Helfen ganz gross schreibe und auch so vorankündige.

  4. Ad.Fichter sagt:

    Mir fällt auf, dass solche Richtlininen per se negativ formuliert sind, also auf Abwehr der Schäden ausgerichtet sind. Ich stimmt euch in diesem Punkt zu: Mitarbeiter sind Multiplikatoren und Botschafter. Wenn ein witziger Schnappschuss aus dem Büroalltag auf Facebook geladen wird, so kann damit auch ein Eindruck über die Firma als Arbeitgeber vermittelt werden.

  5. Danke Roman, sehr interessantes und aktuelles Thema. Ich sehe das ganz ähnlich wie Du. Es braucht „Regeln“ für den allgemeinen Umgang. Wobei bereits das Wort „Regeln“ schon wieder negative Assoziationen auslöst. Denke hier liegt der grosse Challenge – in der Kommunikation. Eine Policy sollte so formuliert sein, dass die MitarbeiterInnen informiert und sensibilisiert werden. Natürlich muss diese auch auf die Risiken hinweisen und kann – je nach Unternehmung, Branche etc. – auch Nutzungseinschränkungen beinhalten. Es soll aber auch motivieren, schliesslich ist jeder Mitarbeiter auch Botschafter und Social Media kann hier eine wichtige Rolle einnehmen. Denke mit einer vernünftigen Social Media Strategie, welche geschickt formuliert und kommuniziert wird, sind solche Guidelines für die Mitarbeiter nicht nur wichtig sondern werden (Ausnahmen immer ausgenommen) auch dankend aufgenommen.

  6. swissroman sagt:

    Auf Grund Eurer Kommentare werde ich in einem Antrag zur Social Media-Nutzung folgende Passage einfügen:
    ….Vor diesem Hintergrund gilt es, für die Mitarbeitenden klare und aussagekräftige Nutzungsrichtlinien zu erlassen, die je nach Plattform die Sensibilisierung gegenüber dem Thema erhöhen und verbindliche Spielregeln für die Nutzung festlegen. Die Richtlinien dürfen keine abschreckende Wirkung haben, sondern die Motivation zum korrekten Gebrauch der Plattformen fördern, Hilfestellung bei Unklarheiten bieten und damit die Sicherheit im Umgang mit den neuen Medien stärken. Bei der Formulierung ist diesem Umstand höchste Aufmerksamkeit zu schenken…

  7. Es geht bei der laufenden Diskussion nicht um Spielregeln für das ganze Unternehmen Tamedia sondern «nur» um Spielregeln, die sich die Tages-Anzeiger-Redaktion selber geben will. Weshalb ist das ein Unterschied? Unter dem Dach von Tamedia arbeiten ganz unterschiedliche Teams. Eine Digitalredaktorin bei 20 Minuten Online kommuniziert in sozialen Medien anders als der Wirtschaftsredaktor bei der Finanz und Wirtschaft oder die Kolumnistin beim Magazin. Deshalb wollten wir allen Redaktionen den Spielraum geben, die für sie passende Regelung zu finden. Vielleicht ändert sich diese Einschätzung eines Tages, bisher finde ich sie aber richtig.

    Der Kodex des Tages-Anzeigers – oder der Entwurf, der im Moment existiert – ist nicht restriktiv. Er fordert zur Nutzung von sozialen Medien auf. Er erinnert daran, dass auch im Netz ethische und rechtliche Spielregeln gelten und erlaubt beispielsweise das Verbreiten von Inhalten aus der Zeitung. Das Ziel ist ganz klar: es geht darum, ein gemeinsames Verständnis dafür zu schaffen. Ich würde den Entwurf gerne veröffentlichen. Das würde die Diskussion um einen Entwurf – den niemand kennt – versachlichen. Aber der Tages-Anzeiger möchte die Diskussion darüber zuerst intern führen können, das verstehe und respektiere ich auch.

    Als Anhang an dieser Stelle noch ein ganz anderer Hinweis: Ich habe in den letzten Monaten verschiedene Richtlinien, Merkblätter, etc. zum Thema Social Media gelesen. Und gestern habe ich mir die AGBs von Twitter durchgesehen. Die Erkenntnis: kaum eine unternehmensseitige Regelung ist so restriktiv wie die Twitter-AGBs. Ein Beispiel: «Sie dürfen (Twitter) nur unter Einhaltung dieser Bedingungen und aller anwendbaren lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Gesetze, Vorschriften und Richtlinien nutzen. (…) Durch Übermittlung, Veröffentlichung oder Anzeigen von Inhalten über die Dienste gewähren Sie uns eine weltweite, nicht exklusive, unentgeltliche Lizenz (mit dem Recht zur Unterlizenzierung), diese Inhalte in sämtlichen Medien und über sämtliche Verbreitungswege, die gegenwärtig bekannt sind oder in Zukunft bekannt sein werden, zu verwenden, zu vervielfältigen, zu reproduzieren, zu verarbeiten, anzupassen, abzuändern, zu veröffentlichen, zu übertragen, anzuzeigen und zu verbreiten.»

    • swissroman sagt:

      Herzlichen Dank Herr Zimmer, dass Sie hier so ausführlich Stellung nehmen. Wie sie meinem Blog entnehmen können, bin ich der Meinung, es braucht in der heutigen Zeit Richtlinien für den Umgang mit den Sozialen Medien. Bei uns weiter auch noch darum, weil es auch Ihre Arbeit betrifft. So wollen wir mit unseren Guidelines die Mitarbeitenden motivieren, relevante Inhalte auch weiter zu verbreiten. Aber dazu müssen diese sensibilisiert sein, was dies für mögliche Auswirkungen auf Urheberrechte etc. hat. Auch aus diesem Grund wollen wir eine solche Regelung einführen.
      In der Überzeugung, dass Sie mit den Mitarbeitenden sicher einen konsturktiven Dialog finden, sende ich beste Grüsse.

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