Der Widerstand wächst. Social Media wird 2025 die Wende erleben

Im Nachgang zur Social Media Marketing Konferenz 2013 habe ich mich noch intensiver mit der Materie beschäftigt. Mit wem ich auch immer gesprochen habe, alle waren und sind sich sicher: die Zukunft des Kundendialogs für Unternehmen liegt in den Social Media. Alle? Nein, ich habe tatsächlich auch Leute getroffen, die der aktuellen Entwicklung doch noch recht skeptisch gegenüber stehen. Ich versuche hier mal zusammen zu fassen, welche Gründe jeweils genannt wurden:

  • Verzettelung bei den Plattformen
  • Fehlende Ressourcen
  • Mitarbeitende, die den Anforderungen nicht gewachsen sind
  • Rechtliche Schranken (vor allem im Grenzübergreifenden Geschäft)
  • Vorgespielte Individualität, die eine Firma einer bestimmten Grösse nicht bieten kann
  • Abnehmendes Interesse der breiten Masse
  • Fehlender Content, der über die Produktpräsentation hinaus geht

Die meisten der oben genannten Punkte könnte ich mit einigen guten Argumenten entkräftigen, das tue ich heute mal nicht, denn das hab ich hier schön öfter gemacht. Ich denke also die Skeptiker werden, mindestens in naher Zukunft, noch nicht Recht erhalten. Der Wandel hin zu mehr Dialog mit Kunden (Zielgruppen) und die Entwicklung neuer Technologien und Plattformen lässt sich nicht aufhalten. Trotzdem demontiere ich heute meine eigene Überzeugung und erzähle mal eine kleine Geschichte:

Wir schreiben das Jahr 2025. Die Leute stehen im Tram nun nicht mehr mit den Smartphones in der Hand rum, sondern tragen stylische Brillen. Was man nicht sieht: in der Brille wird von Werbung, über Informationen zu Gegenständen, die wir anschauen, bis zu den Facebookprofilen der Leute, die wir im Blickfeld haben, alles auf die Innenseite der Gläser projiziert. Wehren dagegen kann sich niemand, denn alle Daten liegen irgendwo im Netz, meist öffentlich zugänglich und oft von uns selbst gepfelgt. „Sicher“ sind wir nur noch in den öffentlichen (ich nenne sie mal) „Privatzonen“. Das sind dann die Zonen, wo man sich mal wieder persönlich vorstellt, sich mündlich unterhält, sich spürt.

Hier wächst jedoch auch der Widerstand gegen die vollständige, lange geforderte Transparenz. Der Widerstand gegen die unendliche Demokratisierung in jedem Bereich des Lebens, der Widerstand gegen die Masse der Social Media Nutzer.

Denn, TV-Sender zeigen nur noch, was die Social Media User wollen, Grossverteiler wechseln Verpackungen sofort, wenn eine Gruppe von 1000 Personen dies auf einer Plattform fordert. Die Preisfindung für ein Gut wird immer schwieriger, weil nicht mehr die effektiven Produktionskosten als Basis dienen, sondern die Aktionen der User bestimmen, was der aktuelle Tagespreis eines Produktes ist. Der Widerstand will endlich mal wieder ein einfaches Leben, ein Leben, mit Struktur, wo der Anbieter von Informationen eine Themenselektion vor nimmt, ein Leben, wo das TV-Programm wieder Struktur ins eigenen Leben bringt, weil um 19.30 Uhr die Nachrichten ausgestrahlt werden. Ein Leben, wo ich mich nicht immer involvieren muss, wenn ich einfach nur einkaufen möchte.

Jetzt, wenn ich über meine eigene kleine Geschichte nachdenke, tendiere ich dazu, dass ich ebenfalls dem Widerstand beitreten würde. Oder irren wir uns heute auch, wie wir es bei der technologischen Entwicklung immer gemacht haben? Man denke nur an folgende Aussagen:

„Der Fernseher wird sich auf dem Markt nicht durchsetzen. Die Menschen werden sehr bald müde sein, jeden Abend auf eine Sperrholzkiste zu starren.“
Darryl F. Zanuck, Chef der Filmgesellschaft 20th Century-Fox, 1946

„Computer sind nutzlos. Sie können nur Antworten geben.“
Pablo Picasso, Maler und Bildhauer, 1946

„Es gibt nicht das geringste Anzeichen, dass wir jemals Atomenergie entwickeln können.“
Albert Einstein, Entdecker der Relativitätstheorie, 1932

Hier gibt’s noch weitere Irrtümer. Viel Spass beim Lesen.

Nun, ich bin vom Nutzen von Social Media, ob privat oder geschäftlich überzeugt. Drum werde ich mich dem Thema weiterhin im positiven Sinne widmen. Trotzdem möchte ich wissen: In welcher Welt werden wohl unsere Kindeskinder leben?

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6 Kommentare zu Der Widerstand wächst. Social Media wird 2025 die Wende erleben

  1. su franke sagt:

    lieber Roman, mir geht es wie dir. Ich tendierte gelegentlich zum Widerstand und bin mit g+ Informationen wesentlich sparsamer als anderswo, weil dort die Öffentlichkeit auf der Hand liegt und muss nun wirklich jeder wissen, wann ich Geburtstag habe oder wo ich wohne??

    Schön zu deinen Gedanken habe ich gerade heute aus dem Jahre 2013 einen Beitrag gelesen.
    http://rehbinder.de/facebook/facebook-home-was-zuckerberg-verschweigt/

    Wir sollten uns regelmässig hinterfragen. Alle, die Befürworter und die Zweifler, nur so lernen wir.

    PS: ich denke, die Brille werden wir schon in den nächsten Jahren tragen nicht erst mit 55 – ups, und schon hab ichs doch verraten – ausles- und später auch zuordenbar…

    • swissroman sagt:

      Liebe Su, wir werden uns dann, wenn wir pensioniert sind und auf dem Bänklein sitzen, an unsere Dialoge erinnern. Aber wohl noch mehr, an die interessanten Lunches. Was also zeigt, dass die Plattformen nie das richtige Leben schlagen werden. Zumindest noch nicht die heutigen.

      Was die Brillen angeht, darauf freue ich mich irgendwie. Ob diese dann auch mal „Gedankenlesen“ können???
      Bis bald

  2. Roman Steinacher sagt:

    Lieber Roman, sagt Roman

    Ich appelliere schon seit bald 20 Jahren an den Dialog mit den Kunden (Menschen). Nicht zuletzt, weil ich zu den DM-Zöglingen (de Stift) bekannter Direkt-Marketing-Grössen in der Schweiz gehörte. Erfolgreiche Dialog-Massnahmen zeichneten sich schon immer durch die Treffsicherheit der Kunden-Bedürfnisse aus. Hier haben wir in den letzten Jahren – dank den neuen Technologien – unglaubliche Fortschritte gemacht. Was früher die Kunden-Karteikarten waren, übernimmt heute der „Computer“. Er analysiert unser Tun und Lassen, unsere Interessen und kennt unsere aktuellen Geo-Koordinaten oft besser als wir selber.

    Das Jahr 2025 wird kommen und wir werden noch grosse Augen machen, was da alles (auch Gutes) noch auf uns zukommen wird. Die grosse Herausforderung wird dabei sein, die Qualität der Impulse, Informationen, Werbekontakte usw. vor die Quantität zu stellen. Wir haben heute schon einen absoluten Overload von irgendwelchen Eindrücken und wir können davon auch nur einen Bruchteil aufnehmen – noch weniger verarbeiten (Zauberwort Selektive Wahrnehmung).

    Und da stellt sich für mich die grosse Frage bzw. Herausforderung: Überfordert die zukünftige Kommunikations-Generation nicht uns – die Konsumenten, die Menschen? Wollen wir nicht vielmehr bewusster konsumieren?

    Ein banales Beispiel: Ich kenne niemanden, der sich im digitalen Fernseh-Zeitalter die 15min.-Werbeblöcke noch reinzieht oder bei einer Online-Berichterstattung den Werbeblock nicht nach den mühsamen 10 sec. schliesst. Guter (Online-) Content wird auch zukünftig bezahlt werden oder durch „Werbung“ finanziert werden müssen.

    Mal schauen – was und wie viel wir im Jahr 2015 bereit sind zu ertragen?

    Auf diesem Weg – einen Gruss, Roman

    • swissroman sagt:

      Roman (sagt der andere Roman), da hast Du als DM-Stift sicherlich recht. Es wird immer wichtiger, die richtige Botschaft (richtig für den Kunden, nicht Werbeauftraggeber) im richtigen Moment abzuliefern. Hier eröffnet sich durch die neue Technik, die Plattformen etc. ein ganz neues Feld. Überleben wird, was relevant ist.

      So bleibt uns nur übrig, unsere Kunden zu verstehen und diese da und dort zu überraschen. Einfacher gesagt, als getan. Aber wir bleiben dran.

  3. Chrsitopher Schmidt sagt:

    Hi Roman

    Ich befürworte Deine Sichtweise und bin auch definitiv für einen offenen Dialog auf zielgruppenrelevanten Plattformen. Anderseits ist das Thema Dialog sehr branchen-/ und auch länderabhängig. Ich spreche hier aus der Beratersicht im Rahmen eines globalen Projektes bei einem Finanzinstitut. Grenzüberschreitende Kommunikation (die Social Media/Business einfach mit sich bringt) birgt hier bereits die ersten Hürden, die daraus resultierende länderspezifischen regulatorischen Einschränkungen (Banklizenz vorhanden ja oder nein, Bewerbung von Produkten ja oder nein, was darf gesagt werden oder eben nicht) sehe ich als weitere Hürde, das alles unter einen Hut zu bringen macht es noch etwas komplizierter. Zu guter Letzt dürfen wir das Thema „Angst“ in der aktuellen hitzigen Diskussion in der Finanzbranche nicht unterschätzen. Damit möchte ich unterstreichen, dass die Banken es einfach etwas schwieriger haben als andere Branchen, Dialog über ein unkompliziertes Konsumgut zu führen kann man nicht wirklich mit bankrelevanten Themen vergleichen. Doch wir werden uns schon noch in die richtige Richtung bewegen, es dauert einfach etwas länger. Im Kleinen anfangen, daran wachsen und daraus lernen ist meine Empfehlung, dann sind wir im 2025 sicherlich auch alle bereit 😉

    Gruss, Chris

  4. swissroman sagt:

    Lieber Chris, schön, wie Du die Herausforderungen der Finanzwelt auf den Punkt gebracht hast. Das Thema wird uns noch lange beschäftigen, grad in der Finanzbranche.

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